Projektstandards

Projekte zur Kompensation von Treibhausgasen benötigen klare, transparente und messbare Erfolgskriterien.

Unsere eigenen Projektkriterien und die der jeweiligen Zertifikatestandards sorgen für eine langfristig gesicherte CO2-Kompensation. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

Langfristige Sicherheit der Einbindung

Die langfristige Speicherung der kompensierten Menge CO2 muss sichergestellt sein. Bei der Betrachtung einer einzelnen Waldfläche wird schnell klar, dass es auch bei besten Bedingungen zu einem Brand oder Schädlingsbefall kommen kann. In diesem Fall wird das zuvor gebundene CO2 wieder freigesetzt.

Wie sorgen wir also für eine langfristig gesicherte CO2-Kompensation?

Zuordnung von bereits eingebundenem Kohlenstoff:

Wir kompensieren nicht mit CO2, das erst weit in der Zukunft in einem neu entstehenden Wald gebunden wird (mit sog. Ex ante-Zertifikaten), sondern nur mit nachweislich bereits eingebundenem CO2, belegt durch Ex post-Zertifikate. Das in einem Wald gefilterte CO2 wird anhand der Biomasse gemessen, in Zertifikate übersetzt und den Spender:innen zugeordnet.
Ex ante-Zertifikate stehen für die zukünftige Einbindung von CO2 und entstehen mit der ersten erfolgreichen Pflanzung der Bäume. Dies ist zwar wichtig für eine Projektfinanzierung vom ersten Tag an, wir rechnen uns diese Zertifikate allerdings nicht an - auch dann nicht, wenn Jahre später die ehemals prognostizierte Einbindung längst Realität ist.

Zusammenarbeit mit externen Standards für die CO2-Kompensation (Ex post-Zertifikate):

Die Zertifikate werden von angesehenen Standards generiert, man spricht bspw. von Gold Standard-Zertifikaten oder VCS-Zertifikaten. Sie prüfen zunächst den Aufbau des Projekts und der Organisation und geben eine Prognose über die CO2-Einbindung ab. Diese Prognose wird regelmäßig vor Ort überprüft und das bereits eingebundene CO2 in Form von verifizierten Zertifikaten vergeben. Obwohl das CO2 bereits gebunden ist, wird ein projektspezifischer Sicherheitspuffer von 20-30% nicht vergeben. Dieser Puffer sorgt bei einem Ausfall einzelner Flächen dafür, dass insgesamt im Projekt immer noch deutlich mehr Treibhausgas gebunden bleibt als kompensiert wurde. Sollte der extrem unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ein komplettes Projekt ausfällt, sorgt der weltweite, projektübergreifende Sicherheitspuffer des Standards für die Sicherheit der Zertifikate.

 

Risiken bei Aufforstungsprojekten

PRIMAKLIMA hat schon rund 14,7 Mio. Bäume im In- und Ausland gepflanzt und arbeitet mit verlässlichen Partner:innen zusammen. Alle unsere Projekte sind darauf ausgerichtet, dass die Wälder dauerhaft bestehen bleiben.

Waldbrände, Stürme und Schädlinge können Waldflächen aber zerstören. Mit solchen Risiken sind die Wälder der Welt mehr oder weniger seit Jahrmillionen belastet, ohne dass dadurch die Balance im Kohlenstoffkreislauf bedeutend destabilisiert wurde. Waldzerstörungen dieser Art sind lokale Ereignisse, die vom globalen Gesamtsystem Wald mit seinen nachwachsenden Bäumen bzw. Wäldern auf natürliche Weise aufgefangen und "repariert" werden. Bei bewirtschafteten Wäldern kann der Mensch zusätzlich förderlich eingreifen.

Selbstverständlich ist die biotische Kohlenstoffeinbindung nur solange wirksam, bis sich die entsprechende herangewachsene Biomasse wieder zersetzt. Der damit gebundene Kohlenstoff würde wieder freigesetzt. Dies gilt jedoch nur unter der unwahrscheinlichen Annahme, dass die Fläche nicht erneut bepflanzt wird oder sich auf natürliche Art wieder zu Wald entwickelt.

Die Gefährdung der Kohlenstoffbindung hinsichtlich einzelner Aufforstungsflächen ist denkbar, kann aber durch fachgerechte Planung und Überprüfung deutlich minimiert werden. So werden Kompensationsprojekte beispielsweise möglichst auf mehrere, weltweit gestreute, eher kleine Projektflächen verteilt. Darüber hinaus garantieren die Projektzertifizierungen spezifische Sicherheitspuffer, die wie eine Versicherung, die im Schadensfall einspringt. Diese Puffer sorgen bei einzelner Flächen dafür, dass insgesamt im Projekt immer noch deutlich mehr Treibhausgas gebunden bleibt als kompensiert wurde. Sollte der extrem unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ein komplettes Projekt ausfällt, sorgt der weltweite, projektübergreifende Sicherheitspuffer des Standards für die Sicherheit der CO2-Einbindung.

Um Gefährdungspotentiale im Vorfeld zu minimieren, werden darüber hinaus bei allen PRIMAKLIMA-Projekten umfassende spezifische Präventionsmaßnahmen umgesetzt.
Für Waldschutzprojekte sind Brände ein besonders schwerwiegendes Risiko, da sie in kurzer Zeit große Flächen Wald zerstören können. In unserem Uganda-Projekt im Kibale National Park werden bspw. mehrere Meter breite Schneisen um die Projektflächen angelegt, die verhindern, dass ein Brand in der Nachbarschaft auf den Park übergreifen würde. Feuerwachtürme und regelmäßige Kontrollen ermöglichen die frühe Entdeckung von ausgebrochenen Feuern. Auch die lokale Feuerwehr erhält die notwendige Ausrüstung und Ausbildung, um Waldbrände zu bekämpfen. Sollte trotz der getroffenen Vorsichtsmaßnahmen ein Teil des Projektgebiets durch ein Feuer beschädigt worden sein, so greift noch immer der Risikopuffer des jeweiligen Standards, durch den das Projekt zertifiziert ist. Bei der Berechnung der im Projekt gespeicherten Tonnen CO2 wird nur ein Teil als Zertifikate für die Kompensation bereitgestellt.

Ein anderes Risiko von Waldschutzprojekten kann illegaler Holzschlag sein. Diesem Risiko wird durch die Einbeziehung der Menschen vor Ort vorgebeugt. In unserem Nicaragua-Projekt werden die Farmer:innen beispielsweise schon von Beginn an in die Projektplanung einbezogen. Eine weitere Komponente ist die finanzielle Beteiligung. Solange die Baumsetzlinge zu einem Wald heranwachsen, bekommen die Farmer:innen eine Aufwandsentschädigung. Mindestens 60 % der Einkünfte aus dem Verkauf der CO2-Zertifikate erhalten direkt die Farmer:innen. Sind die gepflantzen Bäume zu einem Wald herangewachsen, können sie einzelne hochwertige Bäume entnehmen und verkaufen, bzw. weiterverarbeiten (z.B. zu hochwertigen Holzartikeln). So haben sie eine langfristige zusätzliche Einkommensquelle. Neben den Farmer:innen auf deren Land die Setzlinge gepflanzt werden, profitieren auch weitere Gemeindemitglieder. So werden in den Baumschulen, aber auch bei der Pflege der jungen Bäume Arbeitskräfte gesucht. Dadurch diversifiziert sich der lokale Arbeitsmarkt und auch außerhalb der Erntesaison können Menschen in ihrer Gemeinde Arbeit finden. Diese vielen positiven Effekte sorgen dafür, dass die Menschen vor Ort den Mehrwert des Projekts erkennen und die Bäume vor illegaler Abholzung schützen.

Nicht zu unterschätzen ist bei allen Waldprojekten die initiale Planung. Besonders in den ersten Jahren nach der Pflanzung sind die Wetterbedingungen entscheidend für die Entwicklung der Baumsetzlinge. Ist es zu trocken, können die frisch gepflanzten Setzlinge nicht überleben, da ihre Wurzeln noch nicht so tief in die Erde reichen und sie nicht genug Wasser zur Verfügung haben. Je nach Region und Baumart können auch kalte Winter oder große Feuchtigkeit ein Risiko für die Jungpflanzen darstellen.

Um diesen Risiken vorzubeugen und den jungen Bäumen die besten Startbedingungen zu ermöglichen, ist zunächst die Auswahl des Standortes für den neuen Wald entscheidend. Zudem werden in den Projekten hauptsächlich heimische Baumarten gepflanzt und diese fachgerecht (und entsprechend der spezifischen Bodeneigenschaften vor Ort) ausgewählt. Generell lässt sich sagen, dass Laubwälder bspw. in Bezug auf Brandvermeidung deutlich robuster als Nadelwälder sind, da die Laubbäume (auch in Trockenzeiten) deutlich mehr Feuchtigkeit speichern können. Ein weiterer wichtiger Faktor ist es, die Pflanzsaison an das lokale Klima anzupassen – und die Aufforstungsprojekte in den ersten Jahren besonders intensiv zu prüfen und zu pflegen. Genau das passiert in den PRIMAKLIMA-Aufforstungsprojekten.
Um die Wälder den sich durch die Klimakrise verändernden Bedingungen bestmöglich anzupassen, stehen unsere internen und externen Forstexpert:innen in intensivem Austausch. Denn nur gesunde Bäume und Böden sind zuverlässige und langfristige Klimaschützer.

Vermeidung von Doppelzählungen

Bei der Ausstellung der Zertifikate sorgt der Zertifizierungsstandard (siehe unten) für die Vermeidung von Doppelzählung. Jede Kompensation von Treibhausgasen endet mit der Stilllegung eines CO2-Zertifikats (1 Zertifikat = 1 Tonne CO2). Die Zertifikate werden in zentralen Registern geführt und können nur einmal stillgelegt werden. Erst nach der Stilllegung ist garantiert, dass das Zertifikat nicht weiter genutzt werden kann, denn die Stilllegung ist in jedem Fall unumkehrbar. Hier finden Sie die Stilllegungen, die wir im Auftrag unserer Privatspender:innen in den letzten drei Jahren vorgenommen haben.

Die Bundesrepublik Deutschland ist, wie viele weitere Industrieländer, seit dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls zur Verringerung von Treibhausgasen verpflichtet. In diesem Zuge rechnet sich der Bund u.a. die CO2-Einbindung von deutschen Waldflächen positiv an. Auch die von PRIMAKLIMA in Deutschland gepflanzten Wälder tragen daher automatisch zu einer Verbesserung der gesamtdeutschen CO2-Bilanz bei. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir keine Kompensation mit Projekten aus Deutschland anbieten – sonst würde eben diese CO2-Einbindung ein zweites Mal gezählt werden (die sogenannte Doppelzählung).

Dieses Problem betrifft jedoch seit dem Inkrafttreten des Paris-Abkommens nicht mehr allein die Industriestaaten. Auch Länder des globalen Südens sind nun durch verbindliche CO2-Minderungsziele von der Problematik der Doppelzählung betroffen. Für die Vermeidung von Doppelzählung braucht es jetzt also internationale Regelwerke. Auf der letzten Klimakonferenz, der COP 26 im November 2021 in Glasgow, wurde nach mehrjähriger Verzögerung u.a. über diese Regelungen verhandelt. Ein wichtiges Element werden in Zukunft voraussichtlich die sog. Corresponding Adjustments (kurz: CA) sein, wodurch die Länder, in denen Klimaschutzprojekte angesiedelt sind, auf die Anrechnung der durch das Projekt initiierten Minderungsleistung verzichten. Solche Vereinbarungen gibt es in der Praxis aber bisher kaum. Erste Pilotprojekte sind angelaufen. In dieser momentanen Übergangsphase vom Kyoto-Protokoll zum Paris-Abkommen arbeiten die Zertifizierungsstandards deshalb an Lösungen, wie künftig mit der Vermeidung von Doppelzählungen umgegangen werden kann.

Ändert sich nun etwas für Sie, wenn Sie mit PRIMAKLIMA Ihre CO2-Emissionen kompensieren? Nein. Denn aktuell sind die CO2 Zertifikate, die wir zur Kompensation von Emissionen anbieten, nicht von der Problematik betroffen. Sie wurden vor Inkrafttreten des Paris-Abkommens generiert. Selbstverständlich verfolgen wir die aktuellen Entwicklungen aufmerksam und sind mit unseren Projekt- und Zertifizierungspartnern darüber in Kontakt, ob und wann die durch unsere Projekte eingesparten Emissionen in die nationale Berichterstattung der Partnerländer (entsprechend des Paris-Abkommens) einfließen und ob vorab Vereinbarungen geschlossen werden können.

 

Zusätzlichkeit der Kompensation

Die Zusätzlichkeit unserer Projekte wird durch die jeweilige Zertifizierung (VCS/CCBS oder Gold Standard) bescheinigt. Im Rahmen dieser Prüfungen wird sichergestellt, dass der Wald ohne das Projekt nicht entstanden oder vor seiner Zerstörung bewahrt worden wäre. Das bedeutet, dass sich es sich bei den Maßnahmen nicht um Investitionen handelt, die auch ohne den Verkauf der CO2-Zertifikate rentabel sind, oder dass das Projekt kulturelle, technische oder administrative Hürden überwindet, die eine Umsetzung ansonsten verhindern würden. Durch die Überprüfung der Projekte anhand unseres Kriterienkatalogs, Gesprächen mit den Partnerorganisationen und Projektbesuchen von unseren fachlichen Experten vor Ort stellen wir zudem sicher, dass die Emissionsreduktionen nicht sowieso stattgefunden hätten.

Kontakt

Dr. Henriette Lachenit

Telefon:
0221 71 79 38-0
E-Mail: 
info@primaklima.org 


Die Standards im Detail:

Verified Carbon Standard (VCS)

Der Verified Carbon Standard (VCS) ist zurzeit der Standard, der den freiwilligen CO2-Markt dominiert. Der Schwerpunkt des Standards liegt auf Berechnungsmethoden zur CO2-Bilanzierung.
Entwickelt wurde er 2005 von The Climate Group, der International Emission Trading Association und dem World Economic Forum. Er wird vom World Business Council for Sustainable Development und mehreren Nicht-Regierungsorganisationen unterstützt.

Einordnung durch PRIMAKLIMA: Der VCS-Standard bietet höchste Sicherheit für die CO2-Einbindung. Da er jedoch soziale und ökologische Kriterien vernachlässigt, empfehlen wir eine gesonderte Prüfung dieser Punkte und/oder eine Kombination mit dem CCB-Standard.

CLIMATE, COMMUNITY & BIODIVERSITY ALLIANCE (CCB)

Die Climate, Community & Biodiversity Alliance (CCB) zertifiziert Projekte, die besondere Beiträge zum Wohl der Gemeinschaft und zur Biodiversität leisten. Der CCB-Standard wurde 2003 veröffentlicht und in Kooperation mit verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, Forschungsinstituten und Unternehmen entwickelt.

Für Projekte, die außergewöhnlichen Nutzen für Biodiversität und/oder die lokalen Gemeinden erzielen, gibt es zudem das CCB „Gold Level“.

CCB stellt selbst keine CO2-Zertifikate aus, sondern wird zur Co-Zertifizierung von Waldklimaprojekten genutzt.

Einordnung durch PRIMAKLIMA: Der CCBS ergänzt perfekt den VCS Standard.

Plan Vivo

Plan Vivo ist auf Forstprojekte in ländlichen Gemeinden in strukturschwachen Regionen fokussiert. Die Menschen vor Ort sind das zentrale Element des Plan Vivo-Konzepts. Die Projekte werden nicht für, sondern von der lokalen Bevölkerung entwickelt und umgesetzt.

Das Konzept zielt auf Emissionsminderung, Förderung nachhaltiger Entwicklung der Gemeinden und Bäuerinnen und Bauern sowie auf Armutsbekämpfung ab. Plan Vivo System and Standards wurde 1994 vom Edinburgh Centre for Carbon Management (ECCM), El Colegio de la Frontera Sur (ECOSUR) sowie der Universität Edinburgh entwickelt.

Einordnung durch PRIMAKLIMA: Plan Vivo-Projekte ermöglichen eine beeindruckende Entwicklungen von ländlichen Gemeinden. Bei der Verwendung des Begriffs der „Klimaneutralität“ empfiehlt PRIMAKLIMA jedoch Ex post-Zertifikate.

Gold Standard

Neben der Wirkung für den Klimaschutz belegt eine Gold Standard-Zertifizierung auch die nachhaltige Entwicklung am Projektstandort. Voraussetzung für eine Zertifizierung ist daher, dass ökologische Belange berücksichtigt werden und die lokale Bevölkerung ausführlich in den Entscheidungsprozess eingebunden wird.

Der Gold Standard wurde 2003 vom WWF, SouthSouthNorth und Helio International ins Leben gerufen. Seit 2013 gibt es auch die Möglichkeit, Forstprojekte nach dem Gold Standard zertifizieren zu lassen. Bei der Entwicklung der Kriterien waren auch FSC, Fairtrade International und World Vision beteiligt.

Einordnung durch PRIMAKLIMA: Der Gold Standard verbindet höchste Sicherheit für die CO2-Einbindung mit der unabhängigen Prüfung sozialer und ökologischer Kriterien.