Zur aktuellen PRIMAKLIMA Plakatkampagne

| Autor: Lars Forjahn Lars Forjahn

„Wir brauchen mehr Wachstum.“: In den kommenden Tagen starten wir eine Plakatkampagne in der Kölner Innenstadt.

Der Slogan der Kampagne wirft sicherlich erstmal Fragen auf – eine NGO für Klima- und Biodiversitätsschutz fordert mehr Wachstum? 

Die meisten Menschen werden sofort … na klar… an Wirtschaftswachstum gedacht haben. Genau darum geht es uns: Die Irritation macht sichtbar, wie selbstverständlich wir in dieser Kategorie denken. Seit dem Wirtschaftswunder in den 1950er und dem Durchbruch des Neoliberalismus Anfang der 1980er Jahre kreisen unsere gesellschaftlichen Debatten darum, wie wir das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Schließlich ist das der Motor für den „Wohlstand für alle“. Das entsprach zwar noch nie der Realität. Doch heute müssen wir dringender denn je unsere gelernten Muster hinterfragen. Wir dürfen Reichtum nicht allein am Kontostand messen!

Eine schmerzhafte Lehre 

Mir persönlich wurde diese Lektion während eines Praktikums in einer NGO im indischen Bangalore erteilt. Als junger Student aus dem beschaulichen Heidelberg war mir nicht einmal bewusst, dass Menschen aus Indien die Zuschreibung ihres Landes als „arm“ als Beleidigung auffassen könnten. Für mich war es schlicht eine Tatsache. Doch die Antwort einer Kollegin beim Abendessen hallte lange nach: „Lars, listen, we are not poor, we just don’t have enough money.“ Ich hatte soeben eine ganze Gesellschaft als „arm“ abgekanzelt. Eine Jahrtausende alte Hochkultur, Geburtsort des Hinduismus und Buddhismus, des Ayurveda, Yoga, eine weltweit bewunderte Küche, die größte und vielfältigste Demokratie der Welt, Zentrum modernster IT und Softwareentwicklung war für mich in erster Linie einfach arm. Ein Armutszeugnis, ja, aber nur für mich. 

Richtig ist: Menschen in Indien, genau wie wir in Deutschland, brauchen Geld. Der Erhalt der Natur ist ohne Geld nicht möglich. Die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweise kostet Geld. Aber es muss Mittel zu einem höheren Zweck sein, kein Selbstzweck. Was wir wirklich brauchen, sind eine vielfältige Natur und ein verlässliches Klima. Mehr als die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung hängt von einer intakten Natur ab. Das behaupten nicht wir oder die Kolleginnen anderer NGOs, sondern Akteure wie das Weltwirtschaftsforum, die Wirtschaftsprüferinnen von PWC oder die Banker von UBS.

 

Echtes Wachstum 

Zum Glück gibt es gute Anfänge. Wir selbst leben naturgemäß in der Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen, unseren Spenderinnen, Umweltstiftungen und Projektpartnern in einer Blase von Gleichgesinnten. Doch es ist wichtig rauszugehen, die vielzitierten „Menschen auf der Straße“ zu erreichen und ihnen eine neue Perspektive anzubieten. Eine Perspektive, in der Reichtum nicht primär mit BIP und Bankkonten verknüpft ist, sondern mit lebendigen Wäldern, sauberem Wasser und der Artenvielfalt, die seit Millionen von Jahren das Netz unseres Lebens knüpft.

Das ist nicht nur wichtig, es ist auch unfassbar schön. Wer von Euch das Glück hat, einen naturnahen Wald in der Nähe zu haben, wird dies bestätigen. Das große Krabbeln im Boden, die kräftig grünen Baumkronen, einfallende Lichtstrahlen und die nicht endenden Laute, vom Vogelgesang über das Rascheln der Blätter im Wind bis zum Bellen des Hirschbocks. Im Wald spüren wir das Netz des Lebens mit allen Sinnen.

In diesem Sinne: Lasst uns zusammen endlich das Wachstum ankurbeln!
 

Lars Forjahn | Vorstand/Geschäftsführer PRIMAKLIMA

 

 

PS: Hast du am 21.09.25 (Sonntag) um 10 Uhr schon was vor? Wenn du aus Köln oder der Umgebung kommst, dann mach dich doch zusammen mit uns auf in den Diepeschrather Wald. Im Rahmen der Deutschen Waldtage nimmt dich unser Waldexperte Jan mit auf eine spannende Entdeckungsreise und erklärt, warum Klimaschutz ohne Wälder undenkbar ist.